Ermutigung: Ökumenischer Pfingstmontag und neues „Gemeinsames Wort“ zur Ökumene

 

Im 2jährlichen Rhythmus wird am Pfingstmontag immer ein großes ökumenisches Fest des Glaubens u. der Begegnung auf dem Domplatz in Münster gefeiert. Am 20. Mai (mit Gottesdienst 11.30h ff)  wird 2024 durch die Einbettung in das Bachfest eine ganz besondere musikalische Gestaltung ermöglicht: eine Komposition von Matthias Nagel, die in Text u. Vertonung die Sprache Bachscher Musik mit zeitgemäßen Themen u. Klängen verbindet.

 

Die Kirchen in Europa haben sich in der „Charta Oecumenica“  (2001 in Straßburg; auf dem ersten  Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin von den deutschen Kirchen angenommen) dazu verpflichtet „in der Kraft des Heiligen Geistes auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi in dem einen Glauben hinzuwirken, die ihren Ausdruck in der gegenseitig anerkannten Taufe und  der eucharistischen Gemeinschaft findet sowie im gemeinsamen Zeugnis und Dienst“ (1.1).

Auch wenn sie „jedoch keinen lehramtlich-dogmatischen oder kirchenrechtlich-gesetzlichen Charakter“ hat (Einleitung), verdankt die Charta ihren Erfolg  besonders der Rezeption in den Gemeinden/Kirchen vor Ort  (vgl. unsere Ökumenische Gemeindepartnerschaft). Im Alltag wird eine große Nähe zwischen den Konfessionen gelebt. Der Geist der Charta fragt: Warum machen wir eigentlich etwas nicht ökumenisch?!  Ökumene bleibt aber (weltweit) eine Mischung aus hochfliegenden Erwartungen, gemeinsamen Gesprächsrunden u. deren Texten/Dokumenten, Rückschlägen, sowie Störfeuern u. Widerstand derer, die um ihre konfessionelle Identität fürchten.

 

Im Jahr des Reformationsjubiläums 2017  haben ev. u. kath. Kirche in Deutschland in ihrem gemeinsamen Wort „Erinnerung heilen - Jesus Christus bezeugen“ ihre Verbundenheit bekundet - mit der Formel „sichtbare Einheit in versöhnter Verschiedenheit“. Im Blick auf die oft schmerzhafte Trennungsgeschichte wurden damals offene Fragen u. Aufgaben benannt.

 

Wo steht die Ökumene heute? Wo im Jahr 2030 (500 Jahre „Confessio Augustana“/ Augsburger Bekenntnis der Reformation)? 2025  feiert die ökumenische Christenheit 1700 Jahre das 1. Konzil von Nicäa (325 u. 381/Konzil von Konstantinopel: das „Große Glaubensbekenntnis“ aller Kirchen). Die 11. Vollversammlung des Ökum. Rates der Kirchen/ ÖRK (2022 in Karlsruhe) verabschiedete eine „Erklärung zur Einheit“ (oikoumene.org) im Sinne ihres Leitwortes „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“. Der Synthese-Bericht der röm.-kath. Welt(Bischofs-)Synode (2023 u. 2024 in Rom) sieht in der Gegenwart einen „Kairos“ für die Ökumene u. votiert für deren Stärkung.  

Was bedeutet Ökumene für mich/uns?

 

Um „Mehr Sichtbarkeit in der Einheit und mehr Versöhnung in der Verschiedenheit“ geht es in dem neuen ökumenischen Dokument, das die Deutsche Bischofskonferenz /DBK u. der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland /EKD im März 2024 vorgelegt haben (dbk.de/themen > Ökumene). Sie nehmen - um die gegenwärtige „Situation nicht als eine Zeit des ökumenischen Stillstands und enttäuschter Erwartungen zu begreifen“ - den gemeinsamen Weg der Kirchen in einer „prozessorientierten Ökumene“ in den Blick in Bezug auf Glaubenszeugnis/ Martyria, diakonisches Handeln/ Diakonia u. Gottesdienst/Leiturgia. „Unser Anliegen ist es, dass in den anstehenden Transformationen [vgl. Strukturprozess im Bistum Münster mit den „Pastoralen Räumen“] das gelebte ökumenische Miteinander geschätzt und gestärkt wird.“ „Den Fokus auf den ökumenischen Prozess, auf das ‚Mehr‘  (mehr Sichtbarkeit, mehr Versöhnung, mehr Gemeinschaft) zu legen, verändert die Perspektive […] von theoretisch zu erreichenden Zuständen hin zur Dynamik des gemeinsamen Wegs.“  Es geht um die Einheit in Vielfalt.   Eine  „ökumenische Gemeinsamkeit, die vom ‚schon‘ statt vom ‚noch nicht‘ lebt, die als Vorgeschmack des Reiches Gottes erlebt und gedeutet wird.“ (IV.1/3 u. 5)

 

Angesichts von Säkularisierung u. Traditionsabbruch, Glaubwürdigkeitskrise u. Relevanzverlust (vgl. 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung 2023/ KMU) stehen Gemeinden u. Kirchen in einem aktiv zu gestaltenden Miteinander von Unterschiedenen gemeinsam vor der existenziellen Herausforderung, das  Evangelium  als lebensbedeutende Kraft neu zu vermitteln. Dazu wird, auch in seiner Relevanz für die Reform der Kirche/n, eine wirklich ökumenische Kirche  (im tieferen Sinne des Wortes /vgl. Tomás Halik) gebraucht - als gemeinsames Zeugnis einer Hoffnung  für die Menschen in dieser zerrissenen u. bedrohten Welt (1 Petr 3,15).

 

„Wie und wo erfahren wir bereits sichtbare Einheit in versöhnter Verschiedenheit? In welchen ökumenischen Dynamiken leben wir bereits? Was sind nächste Schritte? Wie lassen sich auf dem Weg gemeinsame Erfahrungen und Einsichten teilen, die mehr Gemeinsamkeit schaffen […]?“(I.5)

Mit diesen Fragen zu einem „Mehr“ setzt das Gemeinsame Wort an und schließt (V.1./2.) mit:  „Gemeinsame Einsichten“ (u.a. „Unterschiede …immer weniger als trennend, sondern als einander ergänzend und bereichernd erleben“) und  „Wechselseitige Zusagen“ (u.a.  „Wir wollen nicht mehr ohne den Dialog mit Euch Kirche sein.“). Beide, ev. u. kath. Kirche sind nach diesem neuen Denken nicht mehr vollständig Kirche, wenn sie nicht zugleich ökumenisch ausgerichtet sind. Die sichtbare Einheit bleibt das Ziel der Ökumene; aber sie muss sich schon jetzt als Einheit im gemeinsamen Weg bewähren.

 

Damit sind allerdings die jeweiligen kirchlichen Hausaufgaben nicht vom Tisch; nicht zuletzt offizielle katholische Positionen, denen es an der Rezeption ökumenisch-theologischer Erkenntnisse mangelt (vgl. u.a. die Diskussion um „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ /ÖAK 2019).

Für uns bedeutet der unumkehrbare Weg evangelisch-katholischer Ökumene, ökumenisch nicht als irgend ein Gebiet kirchlicher Tätigkeit, sondern als notwendige Dimension aller kirchlichen Lebensäußerungen zu begreifen. Es sollte nicht nur darum gehen, ökumenische Sachen zu machen, sondern nur noch, unsere Sache ökumenisch zu machen! Neues in den Kirchen und in der Ökumene entsteht, weil Menschen in der Kraft des Geistes sich auf den Weg machen und neue Wege versuchen.

„Finde dich niemals ab mit dem Skandal der Trennung unter Christen. … Habe die Leidenschaft

für die Einheit des Leibes Christi.“ (Aus der Regel von Taizé)  Das Gemeinsame Wort zeigt, wieviel Einheit es bereits gibt und ermutigt, diese Wege zu gehen, dass die Zukunft nicht ein Weniger, sondern ein Mehr an Ökumene braucht.

(KD Müller/ Ökumene-Ausschuss)